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Katharina Prelicz-Huber: Kommission schützt Immunität der Nationalrätin

Nationalraetin Katharina Prelicz-Huber an den Eidgenoessischen Wahlen, am Sonntag, 22. Oktober 2023 im Walcheturm in Zuerich. Die Schweizer Buergerinnen und Buerger waehlen das Bundesparlament mit den ...
Über ihre Immunität beraten die Kommissionen: Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. Bild: keystone

Kritik muss erlaubt sein – Kommission schützt Immunität von Nationalrätin Prelicz-Huber

16.05.2024, 19:4416.05.2024, 20:00
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Die Zürcher Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber soll durch die Immunität vor Ermittlungen wegen übler Nachrede und unlauteren Wettbewerbs geschützt sein. Dieser Meinung ist die zuständige Nationalratskommission. Als nächstes muss sich die Ständeratskommission damit befassen.

Die Berner Staatsanwaltschaft will die Immunität von Nationalrätin Prelicz-Huber aufheben und ein Strafverfahren gegen sie eröffnen. Angezeigt worden ist die Politikerin wegen übler Nachrede gegen den IV-Gutachter Pmeda und Verletzung des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb.

Die neunköpfige Immunitätskommission des Nationalrates (IK-N) ist ohne Gegenantrag auf das Gesuch der Staatsanwaltschaft des Kantons Bern eingetreten, wie die Parlamentsdienste am Donnerstag mitteilten. Mit 5 zu 4 Stimmen beschloss sie anschliessend, die Immunität von Prelicz-Huber nicht aufzuheben.

Missstände dürfen angeprangert werden

Die Mehrheit wies gemäss Mitteilung darauf hin, dass sich Prelicz-Huber in ihrer Tätigkeit als Nationalrätin mehrmals kritisch gegenüber den IV-Gutachten der Pmeda geäussert habe und dafür die parlamentarischen Instrumente genutzt habe, um auf Missstände hinzuweisen und dem Bundesrat kritische Fragen zu den Gutachten zu stellen. Das gehöre zu ihren Rechten als Parlamentarierin.

Diese würden laut der Mehrheit der IK-N massiv eingeschränkt, wenn Ratsmitglieder beim Stellen von unangenehmen Fragen, beim Überbringen von Hinweisen auf Missstände beziehungsweise dem Anregen von Qualitätsüberprüfungen ein Strafverfahren zu befürchten hätten. Im Rahmen der Interessenabwägung seien die institutionellen Interessen gegenüber den Interessen im Zusammenhang mit einer Strafverfolgung höher zu gewichten.

Eine starke Minderheit ist dagegen der Ansicht, dass es unklar sei, welchen Einfluss Prelicz-Huber auf die durch eine Fachkommission vorgenommene Qualitätsprüfung der Gutachten der Pmeda genommen habe. Es sei deshalb angezeigt, die Immunität aufzuheben und durch eine Strafuntersuchung abzuklären, ob Prelicz-Huber in unangemessener Art und Weise Druck auf die zuständigen Stellen ausgeübt habe.

Gutachten in der Kritik

Die medizinischen Gutachten von Pmeda werden seit längerem kritisiert. Im Oktober 2023 teilte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mit, dass die Invalidenversicherung (IV) keine bi- und polydisziplinären Gutachten mehr an die Zürcher Firma vergeben werde. Eine Fachkommission hatte zuvor in deren ärztlichen Gutachten formale und inhaltliche Mängel festgestellt.

Bereits angeordnete Untersuchungen und die restlichen laufenden Gutachten von Pmeda müssen seither laut Bundesgericht strengen Anforderungen an ihre Beweiskraft unterliegen. Relativ geringe Zweifel rechtfertigen eine erneute Begutachtung.

Prelicz-Huber hatte die Praxis des Gutachters mehrfach kritisiert, da dessen Ergebnisse oft einseitig zugunsten der Versicherung ausgefallen seien – tatsächlich arbeitsunfähige Menschen hätten arbeiten müssen. Der Anspruch auf Leistungen der IV wird meistens mittels medizinischen Gutachten abgeklärt.

«Keinerlei Einfluss auf Verfahren gehabt»

Prelicz-Huber betonte laut der Mitteilung während der Anhörung durch die IK-N, dass sie die Vorwürfe auf üble Nachrede sowie auf unlauteren Wettbewerb bestreite. Sie erachte es als ihre Aufgabe als Nationalrätin, ihren politischen Handlungsspielraum zu nutzen, um dafür einzustehen, dass öffentliche Aufträge und somit staatliche Gelder nur an Firmen vergeben werden, welche die Qualitätskriterien erfüllen.

Sie machte gemäss den Angaben geltend, dass sie lediglich angeregt habe, dass bei der Pmeda genau hingeschaut werde, sie aber keinerlei Einfluss auf das anschliessend durchgeführte Verfahren und dessen Ergebnis genommen habe.

Ob Prelicz-Huber definitiv durch Immunität geschützt bleibt, entscheidet die Rechtskommission des Ständerats (RK-S). Folgt sie dem Entscheid der IK-N, ist der Entscheid definitiv. Kommt sie zu einem anderen Schluss, geht der Fall zurück an die IK-N. (sda)

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23 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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James McNew
16.05.2024 20:01registriert Februar 2014
Ja, danke. Alles andere wäre ein Skandal gewesen. Die „starke Minderheit“ macht sich vermutlich vor allem dafür stark, möglichst niemanden IV auszahlen zu müssen…
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Piggeldy's Bruder Frederick's Schwippschwager
16.05.2024 20:06registriert November 2021
4 von den 9 Mitgliedern in der IK-N sind aus der SVP! Welche 4 haben wohl für die Aufhebung der Immunität gestimmt?
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MartinZH
16.05.2024 20:19registriert Mai 2019
Gut, dass Katharina Prelicz-Huber den Schutz geniesst, Wahrheiten offen aussprechen zu können.

Diese couragierte und engagierte Frau findet zu recht immer einen Platz auf meinen Wahllisten, auch wenn ich nicht für die Gesamtpartei einlege. Ihr Engagement muss schliesslich belohnt werden.

Und Prelicz-Huber ist eine Politikerin, die immer ganz genau begründen und erklären kann, für was sie genau einsteht – oder warum sie etwas ablehnt. Solche Politiker/innen bräuchte es viel mehr – genauso wie Jacqueline Badran.

Sesselfurzer, Hinterbänkler und bezahlte Lobbyisten haben wir ansonsten genügend.
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